Dr. Ilse Rathke-Valencak

Tumortherapie nach der Lehre der Traditionellen Medizin

Bösartige Tumorerkrankungen wurden bereits vor etwa 2200 Jahren in dem Standardwerk der TCM „Die Innere Medizin des Kaisers“ ausführlich besprochen. Nach Ansicht der TCM entsteht Krebs durch innere und äußere Ursachen. Unter inneren Ursachen versteht man genetische Defekte, angeborene Schwächen und eine psychische Belastungen. Unter äußeren Ursachen versteht man pathologische Umwelteinflüsse, eine ungesunde Lebensführung, eine ungesunde Ernährung, und eine erworbene Immunschwäche.

Nach den Erkenntnissen der TCM können emotionale Spannungen auf Dauer die Abwehrkraft schwächen und bei disponierten Personen zu Krebserkrankungen führen. Durch chronisch oder akuten psychischen Belastungen, durch schädigende Einflüsse von Außen oder durch falsche Ernährung kommt es zur Stagnation des Qi, zur Blutstase und zur Bildung von zähem Schleim (Tan). Dieser zähe Schleim kann verschiedene Erkrankungen auslösen unter anderem bei disponierten Menschen auch einen Tumor.

Das Therapieprinzip in der TCM ist die Wiederherstellung des gestörten Yin-Yang-Gleichgewichts d.h. das Gleichgewicht zwischen Krebserkrankung und Abwehrkraft des Körpers, mit dem Ziel eine Remission zu erzielen und zu erhalten, die Lebensqualität zu verbessern und die Lebenserwartung zu verlängern. Dies geschieht in der TCM durch Gespräche, Heilkräuter, Akupunktur, Massagen, Qi Gong und Ernährung.

Dies alles wird heute ergänzend zur etablierten Schulmedizin eingesetzt und kann diese unterstützen und besser verträglich machen. Die Behandlung soll so früh wie möglich am Besten schon zum Zeitpunkt der Diagnosestellung beginnen. Die Vorbereitung, Begleitung und Linderung der Beschwerden durch die konventionelle Therapie ist nötig um den Immunstatus gerade in dieser schwierigen Zeit stabil zu halten.

Auch wissenschaftlich hat sich die TCM in der Krebstherapie einen seriösen Stellenwert erhalten können. So beschreibt Prof. Michael Lerner und Prof. Dr. Kurt Zänker (Institut für Immunologie und Experimentelle Onkologie in Witten-Herdecke) in ihrem Buch „Krebs – Wege zur Heilung“ die TCM als eine wichtige komplementärmedizinische Methode zur Krebstherapie. Besonders Interessant sind die dort zitierten Studien zu einer Kräuterrezeptur namens „Juzentaihoto“.

Juzenteihoto (JTT) eine Kräutermischung aus 10 chinesischen Kräutern, gehört offenbar zu den chinesischen Kräutermitteln, die am gründlichsten untersucht wurden und von denen man sich am meisten verspricht. Herkömmlicherweise hat man es bei Anämie, Appetitlosigkeit und extremer Ermüdung oder Erschöpfung angewendet. Heute meint man, es könne „auch andere Vorteile von geringer Toxizität in Verbindung mit Chemo- oder Strahlentherapie bieten und Blutbildentartungen bei Krebspatienten verhindern, die Zytostatika einnehmen. So wird berichtet, Juzentaihoto sei bei Mäusen mit Blasentumoren wirksam gegen die toxischen Nebenwirkungen des Zytostatikums (DDP), schränke das Tumorwachstum ein und verlängere die Überlebensdauer. In Tierstudien hat es offenbar gegen die Nebenwirkungen der Chemotherapeutika Mitomycin C und Cisplatin geholfen. Außerdem hat es „deutliche Auswirkungen auf die Überlebenskurven“ der Tiere gehabt, was darauf schließen lässt, dass es „möglicherweise eine neue Möglichkeit darstellt, die Toxizität (beider Chemotherapeutika) auszuschalten oder zu minimieren“

Es erhöht die Wirksamkeit einer Kombination aus Chemotherapie und Hyperthermie bei Mäusen mit experimentell hervorgerufenen Sarkomen, während es gleichzeitig die Chemotoxizität von Mitomycin C verringert oder aufhob.

Außerdem unterstützt Juzentaihoto die biologische Erholung von Mäusen nach einer Strahlenbehandlung. Bei postoperativen Patienten mit Magendarmkrebs erhöhte es die Parameter des Immunsystems und des Fettstoffwechsels und führte zu einer „bemerkenswerten Steigerung“ in der Aktivität der Killerzellen. Nach einem anderen Bericht hat es in einem randomisierten kontrollierten klinischen Versuch die Überlebensdauer von Patienten mit fortgeschrittenen Magendarmkrebs erhöht. Patienten, die einer Palliativoperation unterzogen wurden, erhielten eine Kräuterbehandlung, von der es hieß, sie diene dazu, „die Widerstandskräfte des Patienten zu stärken und die eindringende Krankheit abzuwehren“, in Kombination mit Chemotherapie. Kontrollgruppen bekamen eines von zwei Chemotherapeutika – entweder 5-FU oder MMF. Die Kombination aus TCM und Chemotherapie war besser als Chemotherapie allein….Immunologische Studien der Überlebenden zeigten eine Verstärkung der humoralen wie der zellvermittelten Immunität.

Schließlich – und das ist das wichtigste Ergebnis- wurde berichtet, dass Kräuterbehandlung in Kombination mit Chemo- und Hormontherapie die Lebensdauer von Patientinnen mit metastasierenden Brustkrebs verlängert und ihre Lebensqualität verbessert habe. In einem kontrollierten klinischen Versuch am Krankenhaus des Nationalen Krebszentrums in Tokio erhielten Patienten mit fortgeschrittenem metastasierenden Brustkrebs entweder Chemo- und Hormontherapie allein oder kombiniert mit Juzentaihoto. Es gab 58 Patientinnen in der Gruppe, die das Kräutermittel erhielten, und 61 in der Kontrollgruppe. Während der ersten 38 Monate der Studie unterschieden sich die Überlebenskurven nicht sonderlich, aber danach war die Überlebensrate in der Gruppe, die Juzenteihoto erhielt, deutlich höher. Bei den Patientinnen, die das Kräutermittel bekamen, war die Lebensqualität erheblich besser, was unter anderem die körperliche Verfassung, den Appetit und das Kältegefühl in den Händen und Füßen betraf. Kräuterbehandelte Patientinnen zeigten sich auch gegen chemotherapeutisch bedingte Knochenmarksuppression geschützt. So schließen die Autoren

vom Nationalen Krebszentrum: „ Bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Brustkrebs ist die Behandlung mit Juzentaihoto besser als eine Behandlung ohne das Kräutermittel“

In meiner Praxis verwende ich mit gutem Erfolg diese Rezeptur bevorzugt in den Chemotherapiepausen zur Regeneration. Sie schützt vor Schädigung des Blutbildes, lindert die toxischen Nebenwirkungen von Zytostatika, beugt Ermüdung, Erschöpfung und Appetitlosigkeit vor und verbessert damit die Lebensqualität meiner Patienten.